Etappe 26 - Back to Europe 1 - Bermuda crossing

Bermuda Crossing
11.05-18.05.2022

Karibiktörn 2021 /22- Etappe 26

Wir nehmen direkten Kurs Nord auf die Bermudas. Acht Tage auf See, die es in sich haben.


1.Tag – 11.05  Wind aus Süd-Ost mit 20 – 25 Knoten, sonnig

Um 13.00 segeln wir unter Groß im ersten Reff und Genua von den BVIs Virgin Gorda los. Kurs direkt 356 Grad Nord zu den Bermudas.

Zunächst geht’s es noch zwischen den Inseln hindurch, dann erreichen wir den offenen Atlantik und die Wellen klatschen mit 2 Metern Höhe an unser Schiff. Aus Erfahrung wissen wir, dass die ersten drei Tage sehr anstrengend werden, da wir uns erst wieder an das Geschaukel gewöhnen müssen. Jeder Gang auf die Toilette, jeder Handgriff ist echte Arbeit. Hunger haben wir keinen, sondern kämpfen mit dem flauen Gefühl im Magen. Nicht lustig!

Die Nachtwache teilen wir uns so ein, wie auf der Atlantiküberquerung, das hat sich bewährt. Alle vier Stunden ist Wachwechsel. Judith von 22.00 – 02.00 / Peter 02.00 – 06.00/ Judith 06.00 – 08.00.  Ich schlafe dann nochmals bis ca. 10.00, dann raffen wir uns zum Frühstück auf. Hunger haben wir nicht so recht, aber es ist besser etwas im Magen zu haben. 

Wache bedeutet, dass man alle 20-30 Minuten im Cockpit einen Rundumblick macht. Stehen die Segel gut, gibt es eventuell andere Schiffe, muss der Kurs angepasst werden? Zum Glück steuert unsere Windsteueranlage sensationell gut, das ist unser drittes Crewmitglied und heißt „Eddie“. Diese Wache verbringe ich im Cockpit, der Gang nach unten in den Salon ist mir zu mühevoll. Gegen Mitternacht fallen mir immer wieder die Augen zu und der Wecker rüttelt mich wach.

Die Nacht verläuft ruhig – konstanter Wind und keine anderen Schiffe.

2. Tag - 12.05. Wind aus Südost mit 20-25 Knoten

Etmal (zurückgelegte Seemeilen innerhalb von 24 Stunden): 155 Seemeilen – damit sind wir sehr zufrieden

Es ist sonnig und wir sitzen im Cockpit oder schlafen im Salon unten. Unsere eigentliche Koje (Achterkoje) ist während der Fahrt nicht geeignet, da man bei dem Seegang aus dem Bett kullern würde und zudem ist es dort sehr laut, weil die Koje achtern (hinten) liegt. So haben wir uns Betten im Salon eingerichtet, wo wir Leesegel spannen können, die uns davor bewahren aus dem Bett zu fallen.

Eigentlich ein schöner Tag, aber dann kommt alles zusammen.

Unser Computer verbindet sich nicht mehr mit dem Pactormodem und somit können wir keine Mails senden oder empfangen. Das heißt keine Wetterdaten und wir können auch nicht mit unserer Familie kommunizieren.
Dann wird uns beiden so übel, dass wir die Fische füttern und bei mir kommt am Nachmittag noch eine heftige Blasenentzüdung dazu. Das braucht doch keiner. Zum Glück habe ich alle Medikamente in der Bordapotheke.

Leider noch nicht genug der Sorgen, denn um 21.00 kracht es gewaltig an Deck. Beim Kontrollgang bemerkt Peter, dass der Baumniederholer gerissen ist. Ohwei – das hatten wir gerade reparieren lassen. Wir beschließen, das Nötigste zu sichern und es für die Nacht so zu belassen. Bei Tageslicht möchten wir schauen, wie es zu reparieren ist.

Noch nicht genug: Nachts geht noch der Wasseralarm in der Bilge los, der uns anzeigt, dass Wasser eindringt und sich in der Bilge sammelt. Uns ist klar, dass das Wasser über unsere Ankerkette eindringt. Bei dem heftigen Seegang mit hoher Welle ist das Deck ständig geflutet und so dringt das Wasser von oben ein. Das ist nicht bedrohlich, aber bedeutet, dass Peter nachts bäuchlings auf dem Boden liegend ca. 10 Eimer Wasser aus der Bilge schöpft. Nicht lustig, wenn es einem eh schon übel ist. Ich bekomme davon nicht viel mit, da mich die Schmerzmittel lahmlegen.

Nicht unser Tag.

3. Tag - 13.05   Wind aus Südost mit 15- 18 Knoten Etmal: 125 Seemeilen

Bei Tageslicht stellen wir fest, dass nicht nur der Baumniederholer gerissen ist, sondern der ganze Baum einen fetten Riss hat. Nach kurzem Abwägen der Möglichkeiten beschließen wir, das Großsegel runterzuholen und nur noch mit der Genua zu segeln. Dadurch werden wir zwar bedeutend langsamer, aber wir laufen nicht Gefahr, dass uns der Baum ins Cockpit kracht. Das wäre das volle Chaos. Immerhin erreichen wir nur unter Genua noch eine durchschnittliche Geschwindigkeit von 5,5 Knoten.

Peter geht’s heute schon besser, keine Übelkeit mehr und Appetit. Leider lässt sich der PC immer noch nicht mit dem Modem verbinden. Mist.

Unsere Freude des Tages ist der Kinoabend. Ich konnte von anderen Seglern einige Filme und Serien runterladen und um 19.30 legen wir uns hin und schauen „Game of Thrones“ an. Das lenkt wunderbar ab. Die Nacht verläuft dann ruhig in gewohnter Nachtschicht.

 

4. Tag - 14.05. Wind aus Südost mit 12-15 Knoten Etmal: 125 Seemeilen

Der Wind nimmt deutlich ab, wir ziehen mit durchschnittlich 4-5 Knoten durchs Wasser. Langsamer als erhofft, aber dafür hat auch die Welle abgenommen und schaukelt nicht mehr so sehr.

Mir geht es heute auch besser – was ein Glück. Wir entwickeln nun eine Art Tagesroutine. Frühstück gegen 10.00 mit Obst und Müsli, dann legen wir uns abwechselnd nochmals hin. Lesen, Hörbuch hören, Sudoku spielen. Nachmittags ein Stück Kuchen und gegen Abend kochen wir etwas. Heute sollte es Risotto geben. Als ich alle Zutaten aus dem Kühlschrank tauche, knallt eine Welle aufs Schiff und der schwere Kühlschrankdeckel fiel mir auf den Kopf. Resultat – blutende Platzwunde am Kopf. Wieder eine Narbe mehr L. Gekocht hat dann Peter.

Die Nacht verläuft ruhig, der Wind nimmt weiter ab und wir segeln mit sehr gemütlichen 4 Knoten dahin.

5. Tag - 15.05. Wind aus Süd-Ost mit ca. 10 Knoten Etmal: 103 Seemeilen

Wie erwartet legt sich der Wind und wir trödeln so mit 3-4 Knoten dahin. Das ist frustrierend, aber positiver Nebeneffekt ist, dass auch die Welle nur noch ca. 1 m ist und uns das Leben unter Deck einfacher macht.

Gegen Nachmittag sind wir so langsam, dass wir für einige Stunden den Motor anwerfen. Insgesamt ein sehr gemütlicher Tag. Es passiert nix – juchuuu. Und am Abend gibt es Pizza und Kino. Die Nacht verläuft ruhig und beschert uns einen wunderschönen Vollmond, der blutrot hinter uns auftaucht. Wow.

6. Tag - 16.05. Wind aus Süd mit ca. 10 Knoten Etmal: 120 Seemeilen

Über Nacht drehte der Wind wie angesagt auf Süd. Für uns bedeutet das direkten Wind von hinten. Morgens um 6 setzen wir die Arbeitsfock und segeln somit mit zwei Vorsegeln im Schmetterling. Immerhin erreichen wir 4-5 kn.

Gegen 9.00 taucht hinter uns am Horizont ein riesiger Frachter auf. Ca. 20-mal länger als wir, rauscht er haushoch mit 12 Knoten an. Wir beschließen ihn über Kanal 16 anzufunken, mit der Bitte eine Mail an unsere Familie zu senden. Unser Mail geht immer noch nicht und wir möchten nicht, dass die Lieben daheim sich Sorgen machen.  Die Funkverbindung klappt gut und der Kapitän willigt ein, eine Mail zu versenden. Aufregend, mit so einem Riesenkahn von Kapitän zu Kapitän zu plaudern

Ansonsten beschert uns der moderate Seegang fast einen Urlaubstag. Lesen und aufs Wasser schauen. Abends leuchtet wieder ein phantastischer Mond über dem Meer.

7. Tag - 17.05. Wind aus West mit ca. 10 Knoten Etmal: 110 Seemeilen

Regnerisch zeigt sich dieser Tag und wir holen das Ölzeug raus. Das Leben in Bikini und barfuß scheint vorüber zu sein. Wir haben sehr wenig Wind und müssen motoren. Unsere Windsteueranlage steigt dann aus und wir aktivieren den Autopiloten. ABER – was kaputt gehen kann, geht auch irgendwann kaputt! Der Autopilot knarzt kurz und das Schiff verlässt der vorgegebenen Kurs. Irgendein Riemen gerissen- das ist reparabel – aber eben nicht unter Fahrt. So steuern wir im Regen von Hand dahin. Mumpf.

Gegen Nachmittag setzt Wind aus SW ein und wir können wieder den „Eddie“ aktivieren. Froh das Steuer übergeben zu können, machen wir es uns unten gemütlich.

8. Tag - 18.05. Wind aus West mit 15 Knoten Etmal 104 Seemeilen

Da man sich in 30 Seemeilen Entfernung über Funk bei Radio Bermuda anmelden soll, sitzen wir schon um 5.00 morgens am Funkgerät. Nach einigem Hin und Her klappt die Verbindung. Wir sind aufgeregt, da es oft schwer ist den Funker zu verstehen – wir wollen ja alles richtig machen.  „Radio Bermuda – Good morning and welcome to Bermuda waters“ ein überaus freundlicher und sehr kompetenter Empfang. Sie fragen sehr viele Sicherheitsdetails ab, das hatten wir bislang noch nie, aber Peter hat alle Daten und Nummern bereit. Well done Captain!

Gegen 13.00 sehen wir das flache Eiland am Horizont auftauchen und erbitten gegen 14.00 nochmals per Funk die Erlaubnis zur Einfahrt durch die schmale Fahrrinne. Bei der Einfahrt in die große Bucht, erkennen wir, dass uns hier nochmals eine andere Vegetation erwartet. Palmen mit Nadelbäumen im Mix.

Das Schönste einer langen Seefahrt ist immer noch der Landfall. Wir haben eine lange Liste mit Reparaturen, aber werden auch Zeit haben, die Insel zu erkunden. Dresscode ist klar – Bermudashorts :)

Tourdaten

Start: British Virgin Islands - Road Town
Ziel:
Bermuda -St. George
Distanz:
840 NM
Segelzeit:
8 Tage
Max. Windstärke:
28 Kn

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