Etappe 31 - Von England nach Fehmarn

Old Harrys Rock bei Poole

Von England nach Fehmarn
23.07.-14.08.2022

Karibiktörn 2021 /22- Etappe 31
Die letzten Seemeilen liegen vor uns. Es geht die englische Südküste entlang und bevor wir auf der Insel Vlieland festmachen, müssen wir durch eines des meistbefahrenen Seegebiete der Welt. Das wird nochmals sehr speziell.


Die kleine, traditionsreiche Stadt Falmouth an der Südwestspitze Englands, ist von den Azoren kommend, seit Jahrhunderten der Ankunftshafen vieler Segler. Für uns ein Ort zum Feiern, ausgiebig schlafen, essen und gemütlich bei „Tea and Scones“ zu sitzen. Eine große Freude war, dass Uli und Bärbel aus Lindau ihren Sommerurlaub in Cornwall verbrachten und uns dort begrüßten. Die Heimat kommt uns entgegen :).

Diese Küste bietet so viele historische Ortschaften, Klippenwanderungen, großartige Gärten und versteckte Buchten. Touristisch gut erschlossen und dennoch gibt es ein Gefühl von Abgeschiedenheit. Wir könnten Wochen verbringen, aber leider bleiben uns nur noch drei Wochen bis Fehmarn und so erlauben wir uns nur wenige Stopps. Um Strecke zu machen, segeln wir meist mit einem Nachttörn.

Bei Poole erwanderten wir einen Streckenabschnitt des Weitwanderwegs South-West-Coast-Path, der uns spektakulär hoch über die Klippen zur „Old Harry´s Rock“ führte. Strahlend weiße Felsformationen, die wir tags zuvor von Seeseite bestaunen durften.

Weiter Richtung Osten war es aufregend in den „Solent“ einzufahren. Dieses schmale Fahrwasser trennt England von der kleinen Insel „Isle of Wight“ und gilt als sehr anspruchsvolles Seegebiet. Starke Strömung (bis zu vier Knoten), drei Meter Tidenhub und viele Sandbänke und Untiefen. Als wir in der Ortschaft Cowes (Isle of Wight) anlegten, bemerkten wir erst, dass dort gerade eine der größten und ältesten Segelregatten Europas stattfindet, die „Cowes Week“. Buntes Treiben herrschte in der Stadt.

Wir nutzten den Inselaufenthalt, um mit den Rädern auf der alten Zugstrecke radelnd die Insel zu erkunden. Viele Kilometer führten uns durch Weideland, an Brombeerhecken entlang und durch kleine Dörfer mit uralten Kirchen. Boahh – es tat so gut, wieder mit dem Radel unterwegs zu sein. 

In einem weiteren Nachttörn segelten wir direkt nach Dover und kamen dabei recht unspektakulär über den Nullmeridian. Monatelang navigierten wir auf den westlichen Längengraden, nun sind wir wieder östlich unterwegs.

Im Ärmelkanal verengt sich die meistbefahrende Wasserstraße der Welt von 180 km im Westen auf 34 Km im Übergang zur Nordsee.  Ca. 400 Containerschiffe, Tanker und Passagierschiffe begegnen sich hier täglich und zudem kreuzen Fähren von der Normandie nach England. Dazwischen Fischer und Hobbysegler wie wir, die sich auch durch dieses Nadelöhr zwängen. Da ist was los! Blinkende Windparks, Sperrgebiete, Untiefen, jede Menge Wracks und die teils ungemütlichen Wind- und Gezeitenverhältnisse sind obendrein herausfordernd.

Hilfreich sind hier Verkehrsregeln mit einem klar markierten Fahrwasser und Kreuzungen (wie auf der Straße), sowohl für die Großschifffahrt, als auch für uns.

Wir entschieden uns über Nacht direkt nach Holland auf die Insel Vlieland zu segeln. Indem wir die ersten 50 Seemeilen am Rand des Fahrwassers auf der englischen Seite blieben, konnten wir die verkehrsreiche Einfahrt nach Rotterdam umgehen. Nachts querten wir dann im 90 ° Winkel das Verkehrstrennungsgebiet. Ich fühlte mich wie ein Kind am Zebrastreifen, beobachtete in der Dunkelheit ewig die querenden Riesentanker und Frachter, auf dem Plotter und mit dem Fernglas, bevor ich mich rüber wagte. Keine Zeit für rumdöseln oder gemütlich lesen in der Nachtwache. Sehr aufregend. So segelten wir konzentriert vom Ärmelkanal in die Nordsee und kamen auf der westfriesischen Insel Vlieland wieder in einer anderen Landschaft an.

Statt Palmen und weißer Sandstrand erstreckte sich das Wattenmeer mit weiten Dünen, rosa Heideland und gedrungenen Laubwäldern. Statt der Schildkröten steckten die Robben ihren Kopf aus dem Wasser und statt großer Katamarane lagen traditionelle Plattbodenschiffe neben uns. Anders als die Karibik, aber wunderschön.

Windbedingt mussten wir leider nach zwei Tagen wieder los und segelten nach einer weiteren Nachtfahrt bei einlaufender Tide die Elbmündung rein nach Cuxhaven. Am 09.08. schloß sich der Kreis - Deutschland ist erreicht. Wuhuuu :).

Die nächsten Tage bewegten wir uns gemächlich durch den Nordostseekanal, ankerten noch ein letztes Mal in einer gemütlichen Bucht und sahen am 14.8. nachmittags schon aus aller Ferne die Fehmarnsundbrücke. Wir wurden ein bisschen ehrfürchtig, vor uns die große Brücke und in unserem Rigg flattern die 19 bunten Flaggen der Länder, die wir auf unserer Reise besuchten.

Im Hafen von Burg Tiefe wurden wir schon erwartet. Petra und Michael von der SY Carlotta trafen wir im August 2021 in Vigo (Spanien), segelten die portugiesische Küste gemeinsam runter und sind seither in Kontakt. Sie segelten ins Mittelmeer und wir über den Atlantik. Welch eine Freude die zwei wiederzusehen. Mit großem Jubelgeschrei nahmen sie unsere Leinen an und verköstigten uns sogleich mit Zwetschgendatschi plus Sahneberg. Bei der Begrüßung wurde uns ganz warm ums Herz. Als dann am Abend auch noch Peters Tochter überraschend um die Ecke bog, war die Freude perfekt.

Nun kommt das große Packen, Putzen und Räumen. Am 18.8. kommt das Schiff aus dem Wasser und wir fahren nach Lindau und sind gespannt, wie es sein wird, wieder in einer Wohnung zu leben ohne schwankenden Boden, ohne sich immer bücken zu müssen und ohne den Blick aufs Meer. We will see :)

Tourdaten

Start und Ziel: Falmouth (England) - Fehmarn Ostsee
Distanz:
700 NM
Gesamtzeit:
22 Tage
Windstärke: bis zu 30 Knoten

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Etappe 30 - im Kurzfilm